Der ultimative Design System Guide

Design Systeme sind nur ein Thema für Tech-Giganten wie Google oder Microsoft?‍ Das war vielleicht mal so, ist aber schon längst Vergangenheit.‍ Auch mittelständische Unternehmen setzen sie zunehmend ein, um digitale Produkte schneller, konsistenter und skalierbarer zu gestalten. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wann ein Design System Sinn ergibt – und wie es richtig umgesetzt wird.

Im Gespräch mit Oliver Stöcker

Inhaltsverzeichnis

Dieser Guide richtet sich an Entscheider*innen, Produktverantwortliche, UX-Designer*innen und Entwickler*innen, die das volle Potenzial eines Design Systems verstehen und ausschöpfen wollen. Wir geben Antworten auf (weit mehr als nur) diese Fragen:

Woraus besteht ein gutes Design System?

Wie führt man es effizient ein?

Welchen Nutzen bringt es überhaupt?

Und was könnte schiefgehen?

Sie erhalten praxisnahe Orientierung, strategische Argumente und konkrete Beispiele, um selbst zu entscheiden: 

Braucht Ihr Unternehmen ein Design System? Und wenn ja, wie gehen Sie es richtig an?

Was ist ein Design System?

Der Name kann leicht in die Irre führen. Nicht nur, weil “Design” selbst schon weit mehr als nur das Visuelle ist. Sondern auch, weil in einem Design System noch weit mehr als “nur” Design steckt.

Es ist der gemeinsame Nenner, an dem sich Projektteams bei der Gestaltung digitaler Produkte orientieren. Nicht nur visuell, sondern auch technisch und redaktionell.

Ein gutes Design System liefert klare Regeln und wiederverwendbare Elemente, mit denen Teams effizienter arbeiten und konsistentere Nutzererlebnisse schaffen können.

Es geht dabei aber nicht nur um Buttons, Farben oder Komponenten. Ein Design System kann Prinzipien, Sprache, Code, Design Tokens (einzelne Gestaltungsbausteine) und eine systematische Dokumentation umfassen – also alles, was notwendig ist, um digitale Produkte schnell, barrierefrei und markenkonform umzusetzen. 

Kurzgesagt: Ein Design System ist ein lebendiges System, das durch seine Funktionen als Werkzeugkiste und Wissensspeicher Produktteams unterstützt und sich dabei stetig mit den Anforderungen des Unternehmens weiterentwickelt.

Doch was genau unterscheidet ein Design System von verwandten Konzepten wie Styleguides oder Pattern Libraries?

Design System vs. Styleguide vs. Pattern Library

Wer sich erstmals mit Design Systemen beschäftigt, trifft schnell auf eine verwirrende Begriffswelt: 

Styleguide, Pattern Library, UI Kit…

…und irgendwo dazwischen das Design System. 

Was unterscheidet diese Konzepte voneinander? Und was macht ein Design System wirklich zum „System“?

Ein Styleguide beschreibt in der Regel die grundlegenden visuellen Markenrichtlinien eines Unternehmens – Farben, Typografie, Logo-Verwendung oder Bildsprache. Er ist wichtig für ein konsistentes Erscheinungsbild, aber oft statisch und nicht interaktiv.

Eine Pattern Library enthält wiederkehrende UI-Muster. Zum Beispiel Formulare, Navigationsleisten oder Karten-Layouts. Sie zeigt, wie sich Designentscheidungen konkret in Komponenten übersetzen lassen. Oft fehlen hier jedoch Infos zum Kontext oder der technischen Implementierungen.

Das Design System geht ein Dutzend entscheidende Schritte weiter: Es verbindet visuelle Regeln mit funktionalem Code, zugänglicher Sprache, dokumentierten Komponenten, übergreifenden Prinzipien und Governance-Strukturen. Es ist nicht nur eine Sammlung, sondern ein zusammenhängendes System – ein lebendiges Produkt im Produkt, das Design und Entwicklung nachhaltig miteinander verzahnt.

Oder anders gesagt:

Ein Styleguide zeigt, wie etwas aussehen soll. 

Eine Pattern Library zeigt, wie es gebaut sein kann. 

Ein Design System zeigt, wie alles zusammen funktioniert.

Ein kurzer Blick zurück: Wie Design Systeme entstanden

Die Ursprünge von Styleguides reichen weit in die analoge Markenkommunikation zurück. In den 2000er-Jahren wurden sie zunehmend digital, als Websites (und die Ansprüche ihrer User) komplexer wurden und erste konsistente Richtlinien für Farben, Schriftarten und Layouts nötig waren.

Mit dem Siegeszug des Smartphones und dem Boom responsiver Webanwendungen entstanden in den 2010er-Jahren Pattern Libraries, befeuert durch Frameworks wie Bootstrap oder das Atomic Design-Prinzip von Brad Frost. UI-Elemente wurden modularisiert und in strukturierte Systeme überführt.

Den nächsten Schritt gingen Unternehmen, die begannen, Design, Code und Dokumentation systematisch zu verzahnen. So entstanden Design Systeme, wie sie heute in Unternehmen jeder Größe genutzt werden. Material Design von Google oder Salesforce Lightning gelten als Vorbilder, doch auch KMUs haben erkannt, welchen strategischen Mehrwert ein durchdachtes Design System bieten kann.

Design Systeme sind heute kein Luxus mehr, sondern ein Schlüssel zur digitalen Skalierbarkeit – überall dort, wo Teams effizient, konsistent und nutzerzentriert arbeiten wollen.

Doch woraus besteht ein solches System denn nun konkret? Im nächsten Kapitel werfen wir einen genauen Blick auf die wichtigsten Bausteine.

Aus welchen Bestandteilen besteht ein Design System?

Bis hierhin ist klar: Ein Design System ist mehr als ein UI-Kit oder eine Komponentensammlung. 

Aber was genau steckt drin? 

Was gehört zwingend dazu – und was macht den Unterschied zwischen einem gepflegten Figma-File und einem echten, systematisch aufgebauten Design System?

Ein professionelles System definiert nicht nur, wie etwas aussieht (visuelle Sprache), sondern auch, warum es so gestaltet ist (Designprinzipien), wie es implementiert wird (Code-Komponenten und Design Tokens) und wie es von allen Beteiligten richtig genutzt wird (Dokumentation und Usage Guidelines).

Im nächsten Schritt schauen wir uns deshalb die einzelnen Bestandteile im Detail an: vom strategischen Fundament über die visuelle Sprache bis zu UI-Komponenten, Design Tokens und Guidelines.

Lassen Sie sich dabei nicht von der Fülle an Bestandteilen abschrecken: Nicht jedes Design System muss so ausführlich sein wie die von Google, Apple & Co. Für KMU kann es auch eine deutlich abgespecktere Variante sein, solange sie denn die Aufgabe erfüllt: Produktteams bei Effizienz und Konsistenz zu unterstützen.

Designprinzipien und Leitlinien

Bevor Farben gewählt, Komponenten gebaut oder Tokens definiert werden, braucht ein Design System etwas Grundsätzlicheres: Prinzipien. Sie bilden das strategische Fundament, auf dem alle gestalterischen und technischen Entscheidungen aufbauen.

Designprinzipien sind keine leeren Worte, sondern handfeste Leitlinien. Sie beantworten Fragen wie:

Was ist uns wichtiger: Klarheit oder Persönlichkeit? Geschwindigkeit oder Detailtiefe? Flexibilität oder Konsistenz?

Sie helfen Teams dabei, bei Konflikten die richtigen Entscheidungen für den bestehenden Rahmen zu treffen. Und das ganz unabhängig von Disziplin, Plattform oder den Meinungen im Produktteam.

Neben Designprinzipien spielen auch UI-spezifische Leitlinien eine wichtige Rolle. Sie beschreiben zum Beispiel, wann welche Komponente verwendet werden soll, welche States verpflichtend sind oder wie sich Elemente im responsiven Verhalten verhalten.

Gut formulierte Leitlinien sorgen dafür, dass das System nicht nur konsistent, sondern auch anpassungsfähig bleibt. Sie schaffen Orientierung – gerade dann, wenn Gestaltung nicht nach Vorlage funktioniert.

Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an, wie sich diese Prinzipien und Leitlinien visuell in der visuellen Sprache eines Design Systems manifestieren.

Visuelle Sprache

Die visuelle Sprache ist das gestalterische Rückgrat eines Design Systems. Sie sorgt dafür, dass digitale Produkte konsistent, zugänglich und markentypisch wirken – über Plattformen und Teams hinweg.

Dazu gehören definierte Farbwelten, klare typografische Regeln, ein einheitlicher Umgang mit Icons und Bildsprache sowie ein belastbares Layout- und Spacingsystem. All diese Elemente übersetzen die strategischen Prinzipien des Systems in konkrete Gestaltung und bilden die Basis für wiedererkennbare Interfaces.

In den folgenden Abschnitten zeigen wir, worauf es bei jedem dieser Bausteine ankommt und wie sie sinnvoll miteinander zusammenspielen.

Layoutsystem, Spacing & Grids

Ein konsistentes Layout ist das Rückgrat jedes digitalen Produkts, denn es sorgt für einfache Orientierung, visuelle Ruhe und strukturelle Klarheit. 

Zentrale Bestandteile sind:

  • Gridsysteme, die festlegen, wie viele Spalten eine Seite hat, wie breit diese sind, welche Gutter (Zwischenräume) gelten und wie sich das Raster responsiv verhält.

  • Spacing-Logiken, meist basierend auf einem festen Skalensystem (z. B. 4px- oder 8px-Schritte), das vertikale und horizontale Abstände systematisiert.

  • Breakpoints, die bestimmen, wann sich das Layout an verschiedene Bildschirmgrößen anpasst. Idealerweise synchronisiert mit der Typografie und den Komponenten.

Diese Definitionen werden sowohl im Design-Tool (z. B. Figma-Layouts) als auch im Code (z. B. als Spacing-Tokens oder Grid-Utilities) verfügbar gemacht. So ist sichergestellt, dass Teams auf allen Ebenen mit denselben Grundlagen arbeiten – und Interfaces entstehen, die nicht nur gut aussehen, sondern sich auch sauber anfühlen.

Farbpalette und Kontraste

Farben sichern den Wiedererkennungswert einer Marke, schaffen Hierarchien, leiten die Aufmerksamkeit und kommunizieren Zustände. In einem Design System sind sie deshalb nicht frei wählbar, sondern klar definiert, dokumentiert und systematisch einsetzbar.

Eine professionelle Farbpalette unterscheidet zwischen Markenfarben (z. B. Primär- und Akzentfarben), UI-Farben (z. B. für Buttons, Hintergründe oder Rahmen) und Systemfarben wie Grün für Erfolg, Rot für Fehler oder Gelb für Warnungen. Dazu kommen Neutraltöne, die für Struktur und Lesbarkeit sorgen.

Ebenso wichtig wie die Farbauswahl ist die Barrierefreiheit. Kontraste müssen so gewählt werden, dass Texte und Interaktionen für alle Nutzer*innen zugänglich bleiben – unabhängig von Bildschirm, Umgebung oder Sehfähigkeit.

Design Systeme definieren deshalb nicht nur Farben, sondern auch Kontrastverhältnisse, Abstufungen (z. B. Purple 100“ bis Purple 10“) und Anwendungsregeln. 

So entwickelt sich Farbe von einem subjektiven Stilmittel zu einem funktionalen und belastbaren Gestaltungselement.

Typografie

Typografie sorgt in einem Design System dafür, dass Text in digitalen Produkten klar, konsistent und markengerecht erscheint.

Zu einem typografischen System gehört dabei weit mehr als nur die Schriftart. Es legt fest:

  • Welche Schriftfamilien werden verwendet?

  • Welche Größen, Gewichtungen und Zeilenabstände gelten für Headlines, Fließtext und UI-Elemente?

  • Wie verhält sich die Schrift über verschiedene Breakpoints hinweg?

Typische Hierarchien umfassen Headline-Stufen (z. B. H1–H6), Standardtext, Captions und Labels. Oft kommen Responsive-Typografie-Regeln hinzu, zum Beispiel fluid sizing oder Breakpoint-basierte Anpassungen für mobile, Tablet und Desktop.

Design Systeme dokumentieren diese Regeln präzise und stellen sie als Textstile in Design-Tools und als CSS-Tokens oder -Utilities im Code bereit. So wird gewährleistet, dass Typografie nicht nur gut aussieht, sondern auch über alle Produkte hinweg stabil, zugänglich und wartbar bleibt.

Iconographie und Bildsprache

Icons und Bilder ergänzen Texte, reduzieren kognitive Last und geben dem Interface Charakter, sofern sie denn systematisch eingesetzt werden.

Ein gutes Design System beantwortet dazu folgende Fragen:

  • Welche Icon-Stile werden verwendet (Outline, Filled, Duotone etc.)?

  • Wie groß erscheinen Icons in welchen Kontexten?

  • Wie werden sie mit Text oder anderen UI-Elementen kombiniert?

  • Welche Abstände, Linienstärken und Kontraste sind einzuhalten?

Oft enthält das System ein eigenes Icon-Set, das auf die Markenästhetik und funktionale Anforderungen abgestimmt ist – inklusive Guidelines für Erweiterungen. 

Wichtig ist dabei: Icons sind keine Dekoration, sondern funktionale Bestandteile des UI.

Auch die Bildsprache wird im Design System beschrieben. Sie legt fest, ob und wie Illustrationen, Fotos oder Avatare eingesetzt werden. Entscheidend ist hier die stilistische Konsistenz: Werden z. B. realistische Bilder, stilisierte Illustrationen oder abstrahierte Formen bevorzugt? Welche Farbgebung haben die Bilder? Welche Filter werden auf den Bildern genutzt? Und wie werden die Bilder in der Benutzeroberfläche eingebettet?

So sorgt ein Design System auch im visuellen Detail für Klarheit – unabhängig davon, wer am Produkt arbeitet.

UI-Komponentenbibliothek

Die UI-Komponentenbibliothek ist das “sichtbarste” und oft am intensivsten genutzte Element eines Design Systems. Sie enthält alle wiederverwendbaren Bausteine der Benutzeroberfläche – von einfachen Buttons über Formularelemente bis hin zu komplexeren Modulen wie Karten, Navigationsleisten oder Tabellen.

Eine gute Komponentenbibliothek ist:

  • Modular aufgebaut, also aus klar voneinander trennbaren Elementen zusammengesetzt

  • Konsistent dokumentiert, inklusive States, Varianten, Anwendungsbeispielen und Do/Don'ts

  • Synchronisiert zwischen Design und Code, damit es keine Diskrepanzen zwischen Prototyp und Umsetzung gibt

Wichtig ist, dass Komponenten nicht nur visuell, sondern funktional durchdacht sind: 

Wie verhalten sie sich bei Interaktionen? 

Sind sie barrierefrei nutzbar? 

Wie passen sie sich an verschiedene Bildschirmgrößen oder Eingabemethoden an?

In einem professionellen Design System besteht die Bibliothek aus zwei Teilen:

  • Design-Komponenten, gepflegt in Tools wie Figma oder Sketch

  • Code-Komponenten, z. B. in React, Web Components oder nativen Frameworks

Beide Seiten müssen regelmäßig synchronisiert und versioniert werden – damit das System wirklich lebt und skaliert.

Komponenten im Design-Tool (Figma, Sketch, …)

Design-Komponenten sind die visuelle Quelle der Wahrheit im Designprozess. Sie dienen als wiederverwendbare Bausteine für Mockups, Prototypen und die tägliche Gestaltung – und sie machen den Unterschied zwischen „Pixel Copy-Paste“ und systematischer Produktentwicklung.

Ein gutes Komponenten-Setup in Tools wie Figma oder Sketch zeichnet sich aus durch:

  • Saubere Verschachtelung, z. B. mit Atomen, Molekülen und Organismen

  • Klare Namenskonventionen, um Strukturen nachvollziehbar zu machen

  • Variants und Properties, um flexible Zustände, Größen oder Icons zu steuern

  • Verknüpfung mit Tokens, damit Farben, Typografie und Spacing automatisch angepasst werden können

Wichtig ist: Design-Komponenten müssen nicht nur für den Idealfall funktionieren, sondern auch edge cases abbilden können – z. B. besonders lange Texte, Ladezustände oder Fehlermeldungen.

Die Designbibliothek bildet so die gestalterische Grundlage für die Code-Komponenten – und ist gleichzeitig Arbeitswerkzeug, Dokumentation und Schulungsgrundlage in einem.

Im nächsten Abschnitt zeigen wir, wie diese Komponenten technisch umgesetzt werden – in der Codebasis Ihres Produkts.

Code-Komponenten (z. B. in React, Web Components)

Code-Komponenten sind die technische Umsetzung der Designideen. Dabei geht es nicht nur um Optik, sondern um Funktion, Interaktion und Barrierefreiheit.

In modernen Design Systemen kommen dafür häufig Frameworks wie React, Vue, Svelte oder Web Components zum Einsatz. Welche Technologie gewählt wird, hängt von der bestehenden Produktlandschaft ab – entscheidend ist aber: Die Komponenten müssen wiederverwendbar, erweiterbar und gut dokumentiert sein.

Ein robustes Komponenten-Setup im Code berücksichtigt:

  • Props oder Slots, um Inhalte, Varianten und Verhalten flexibel zu steuern

  • Verschiedene Zustände wie Hover, Focus, Active oder Disabled

  • Responsives Verhalten über Breakpoints oder CSS-Utilities

  • Barrierefreiheit nach WCAG – inklusive semantischem HTML und ARIA-Attributen

Die Code-Komponenten sind kein separater Layer, sondern die funktionale Erweiterung der Design-Komponenten. Richtig verzahnt entsteht ein System, das in Design und Entwicklung dieselbe Sprache spricht. Wie das funktioniert, zeigen wir im Kapitel zur Dokumentation & Usage Guidelines.

Im nächsten Abschnitt schauen wir uns aber erstmal an, wie diese Sprache durch Design Tokens noch flexibler und systematischer wird.

Design Tokens

Design Tokens sind die kleinsten, aber zugleich wirkungsvollsten Bausteine eines Design Systems. Sie übersetzen abstrakte Designentscheidungen – etwa Farben, Schriftgrößen, Abstände oder Schatten – in eine maschinenlesbare, zentrale Quelle. Damit bilden sie die verbindende Schicht zwischen Design und Code.

Ein Token könnte zum Beispiel so aussehen:

color-primary-500: #0055FF

Statt eine Farbe manuell in Figma oder im CSS einzugeben, wird der Token verwendet – im Design-Tool, im Code und sogar in der Dokumentation. Ändert sich der Token-Wert, wird die Änderung automatisch systemweit übernommen. Das spart Zeit, vermeidet Fehler und sichert die Konsistenz über alle Plattformen hinweg.

Tokens lassen sich nach Typ organisieren – etwa für Farben, Typografie, Spacing, Border-Radius oder Z-Index. Sie können auch responsiv gedacht werden oder verschiedene Themes (z. B. Light/Dark Mode) unterstützen. Moderne Tools wie Style Dictionary, Tokens Studio oder Git-basierte Pipelines helfen, Design Tokens zentral zu verwalten und automatisch in verschiedene Formate (JSON, CSS, iOS, Android) zu exportieren.

Kurz gesagt: Tokens machen Design skalierbar – und ermöglichen es, ein Design System wirklich als System zu betreiben.

Doch ein gutes System hört nicht bei Farben, Spacing und Komponenten auf. Auch Sprache, Tonalität und Microcopy müssen konsistent und zugänglich gestaltet sein. Im nächsten Abschnitt geht es deshalb um Content Guidelines – und warum sie für das Nutzungserlebnis genauso entscheidend sind wie visuelle oder technische Bausteine.


Content Guidelines (Tonality, Microcopy)

Design ist nicht nur, was man sieht – es ist auch, was man liest. 

Sprache ist ein zentrales Element der User Experience: Sie führt durch Interfaces, erklärt Funktionen, entschärft Fehler und stärkt Vertrauen. Deshalb können besonders detaillierte Design Systeme auch Content Guidelines beinhalten.

Gute Guidelines definieren, wie im Interface gesprochen wird – und warum. Sie legen Tonalität, Stil, Grammatik, Ansprache und typische Formulierungen fest. 

Sprechen wir Nutzer*innen direkt an? 

Sind wir förmlich oder locker? 

Erklären wir Dinge aktiv oder passiv?

Vermeiden wir Fachbegriffe oder nutzen wir bewusst bestimmte Begriffe?

Ein besonders wichtiger Bereich ist die Microcopy – also die kleinen Texte innerhalb von Buttons, Formularen, Fehlermeldungen oder Tooltips. Gerade dort entscheidet sich oft, ob ein Interface als verständlich, empathisch und hilfreich wahrgenommen wird.

Content Guidelines helfen, die Stimme eines Produkts konsistent zu halten – auch wenn viele Teams daran arbeiten. Sie ergänzen visuelle und funktionale Systeme um sprachliche Klarheit. Und sie machen deutlich: 

Gute UX ist auch gute Sprache.

Dokumentation & Usage Guidelines

Ein Design System ist nur so gut, wie es verstanden und angewendet wird. Genau hier kommt die Dokumentation ins Spiel als das Element, das alle Teile des Systems zusammenhält.

Gute Dokumentation erklärt nicht nur, was es gibt, sondern vor allem wann, wie und warum etwas verwendet wird. Sie macht Prinzipien greifbar, Komponenten verständlich und Entscheidungen nachvollziehbar – für Designer*innen, Entwickler*innen, PMs und alle, die mit dem System arbeiten.

Typische Inhalte einer Systemdokumentation sind:

  • Einführungen in Grundprinzipien und Philosophie

  • Richtlinien zu Farben, Typografie, Spacing, Sprache, Barrierefreiheit etc.

  • Beschreibungen und interaktive Vorschauen von Komponenten (z. B. in Storybook)

  • Do’s & Don’ts, Best Practices, Codebeispiele und Edge Cases

Wichtig ist: Die Dokumentation darf kein statisches PDF sein. Sie muss aktuell, zugänglich, versioniert und teamübergreifend pflegbar sein. Moderne Systeme setzen daher auf sogenannte Living Styleguides – also webbasierte, dynamische Plattformen, die eng mit Design-Tools und Code-Repositories verzahnt sind.

So wandelt sich die Dokumentation von der Pflichtlektüre zur echten Unterstützung im Arbeitsalltag.

Doch wer soll sich eigentlich um all das kümmern?

Governance und Betrieb eines Design Systems

Schön wär’s, aber: Ein Design System ist kein Selbstläufer. Es muss gepflegt, weiterentwickelt, moderiert und strategisch gesteuert werden – sonst wird es schnell zum Irrgarten. 

Genau hier beginnt die Governance: Sie regelt, wer welche Verantwortung übernimmt, wie Entscheidungen getroffen werden und was passiert, wenn sich Anforderungen ändern.

Gute Governance sorgt für Klarheit: Welche Rollen sind beteiligt? Wie läuft ein Change-Prozess ab? Wer entscheidet über neue Komponenten oder Token?

Rollen und Verantwortlichkeiten

Ein funktionierendes Design System braucht klare Rollen. Das gilt  nicht nur für das initiale Setup, sondern vor allem für den dauerhaften Betrieb.

In der Praxis sind meist mehrere Rollen beteiligt:

  • Design System Lead oder Owner, der die strategische Verantwortung trägt und Prioritäten setzt

  • Designer*innen und Entwickler*innen, die Komponenten pflegen, erweitern und dokumentieren

  • Content- und Accessibility-Expert*innen, die Sprache, Tonalität und Barrierefreiheit sichern

  • Produkt- oder Chapter-Leads, die den Einsatz des Systems in Teams koordinieren

  • Und nicht zuletzt: Design Ops oder System-Teams, die sich explizit um Skalierung, Tooling und Prozesse kümmern

Wichtig ist, dass die Verantwortlichkeiten nicht nur benannt, sondern dokumentiert und kommuniziert werden. 

Wer darf was ändern? 

Wer reviewed neue Komponenten? 

Wer priorisiert Anforderungen aus Produktteams?

Ein Rollenmodell – auch wenn es einfach gehalten ist – schafft Verbindlichkeit, reduziert Reibung und verhindert, dass das System zur „besitzlosen Fläche“ wird.

Aber wie laufen Änderungen am Design System ab?

Versionierung und Change-Management

Ein Design System muss sich ständig an neue Anforderungen, technische Entwicklungen und UX-Erkenntnisse anpassen. Genau deshalb braucht es einen klar definierten Prozess für Änderungen und Versionierung.

Versionierung bedeutet: Änderungen werden nachvollziehbar dokumentiert, getestet und eingeführt – idealerweise nach semantischen Prinzipien (z. B. Major, Minor, Patch Version). So wissen Teams sofort, ob eine neue Version kompatibel ist oder Anpassungen erfordert.

Ein gutes Change-Management stellt sicher:

  • Dass Änderungen nicht ungeplant ins System gelangen

  • Dass betroffene Teams frühzeitig eingebunden sind

  • Dass neue Komponenten, Tokens oder Guidelines sauber dokumentiert werden

Hilfreich sind dabei Tools wie Changelogs, automatisierte Release-Prozesse, Preview-Umgebungen und ein Review-Workflow (z. B. über Pull Requests oder Figma-Komponentenreviews).

Das Ziel ist nicht, jede Änderung zu verhindern – sondern sie steuerbar, nachvollziehbar und für alle Beteiligten verträglich zu gestalten.

Bewährte Governance-Modelle (zentralisiert, föderiert, hybrid)

Es gibt viele Modelle, nicht aber ein eindeutig bestes. Aber: es gibt Modelle, die besser oder schlechter zu einer jeweiligen Organisation passen. Die Wahl hängt stark von der Teamstruktur, der Unternehmensgröße und der digitalen Reife ab.

Zentralisierte Modelle setzen auf ein dediziertes Kernteam, das das Design System entwickelt, verwaltet und freigibt. Das sorgt für hohe Konsistenz und klare Zuständigkeiten, birgt aber das Risiko, dass Teams das System als „fremdgesteuert“ empfinden.

Föderierte Modelle verteilen Verantwortung auf mehrere Produktteams. Jedes Team kann Vorschläge einbringen, Komponenten weiterentwickeln oder neue Patterns vorschlagen – meist über gemeinsame Prozesse und Gremien abgestimmt. Das erhöht die Beteiligung, erfordert aber auch mehr Abstimmung und Governance-Struktur.

Hybride Modelle kombinieren beides: Ein zentrales Team verantwortet Strategie, Qualität und Infrastruktur, während dezentrale Teams aktiv zur Weiterentwicklung beitragen. Dieses Modell ist in der Praxis besonders beliebt, da es Skalierung und Partizipation ermöglicht, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren.

Wichtig ist nicht nur die Wahl des Modells, sondern dessen Kommunikation und Verankerung

Wer darf was vorschlagen? 

Wer entscheidet? 

Und wie wird sichergestellt, dass das System sich agil anpasst, ohne außer Kontrolle zu geraten?

Vorteile eines Design Systems

Ein gut gepflegtes Design System ist ein strategisches Asset. Richtig eingesetzt, bringt es messbaren Mehrwert für Produktteams, Organisationen und letztlich auch für die Nutzer*innen.

Denn Design Systeme schaffen nicht nur visuelle Konsistenz, sondern erhöhen die Entwicklungsgeschwindigkeit, verbessern die User Experience, senken Wartungskosten und fördern die Zusammenarbeit über Silos hinweg. Gleichzeitig stärken sie die Markenidentität und helfen, Barrieren abzubauen.

Im Folgenden schauen wir uns diese Vorteile im Detail an – vom konsistenten Markenauftritt über Skalierbarkeit bis hin zu echten Effizienzgewinnen im Alltag.

Konsistenter Markenauftritt

Zentrale Gestaltungselemente wie Farben, Typografie, Bildsprache und Tonalität werden über alle Touchpoints hinweg einheitlich angewendet. So entsteht, unabhängig von Teams, Produkt oder Device, ein wiedererkennbarer Markenauftritt. Konsistenz stärkt Vertrauen und Professionalität – nicht nur bei Nutzer*innen, sondern auch intern.

Verbesserte User Experience

Nutzer*innen finden sich durch wiederkehrende Muster und Interaktionslogiken schneller zurecht, denn sie müssen nicht ständig neu lernen, wie etwas funktioniert. Das senkt die kognitive Last und damit auch die Frustration, was wiederum die wahrgenommene Qualität der Anwendung steigert. Ein gutes Design System trägt damit direkt zur Usability und Kundenzufriedenheit bei.


Barrierefreiheit integrieren

Barrierefreiheit ist kein Add-on, sondern muss systematisch mitgedacht werden. Ein Design System verankert Accessibility-Guidelines über Farbkontraste, semantische Komponenten oder Sprachleitfäden. So wird sichergestellt, dass neue Features nicht nur schön aussehen, sondern auch für alle nutzbar sind – unabhängig von Gerät, Kontext oder Einschränkungen.

Skalierbarkeit für Produktportfolios

Je mehr Teams, Plattformen und Produkte beteiligt sind, desto größer wird der Nutzen eines Design Systems. Es ermöglicht, neue Anwendungen schneller zu starten, bestehende Produkte konsistent weiterzuentwickeln und gleichzeitig technische und gestalterische Standards einzuhalten. Damit wird Skalierung nicht zur Belastung, sondern zur Stärke.

Effizienzsteigerung in Design & Dev

Weniger Doppelarbeit, mehr Wiederverwendung: Design Systeme reduzieren den Abstimmungsaufwand, beschleunigen Umsetzungen und vermeiden unnötige Diskussionen über Grundlagen. Designer*innen können sich auf UX-Fragen konzentrieren, Entwickler*innen auf technische Integration.

Kollaboration über Silos hinweg

Design Systeme schaffen eine gemeinsame Sprache für interdisziplinäre Teams. Sie erleichtern die Zusammenarbeit zwischen Design, Entwicklung, Produktmanagement und Content. Anstelle von Missverständnissen und Ad-hoc-Entscheidungen treten klare Standards, dokumentiertes Wissen und gemeinsame Tools.

Kostenreduktion durch Wiederverwendung

Design Systeme amortisieren sich durch geringere Design- und Dev-Aufwände, weniger Bugs, schnellere Releases und geringere Wartungskosten. Die Investition in ein gutes System zahlt sich langfristig wirtschaftlich aus – besonders bei wachsender Produktkomplexität.

Herausforderungen und potenzielle Nachteile

So wertvoll Design Systeme sein können – sie sind weder ein Selbstläufer, noch kommen sie ohne Aufwand, Risiken oder Stolperfallen. Wer ein System einführt oder betreibt, sollte sich dieser Herausforderungen bewusst sein, um ihnen gezielt zu begegnen.

Initialer Ressourcenaufwand

Der Aufbau eines Design Systems kostet Zeit, Budget und Aufmerksamkeit. Gerade zu Beginn sind viele strategische und operative Entscheidungen zu treffen: 

Welche Prinzipien gelten?

Wer baut die erste Komponentenbibliothek? 

Wie sieht die technische Infrastruktur aus? 

Ohne klare Ziele, Stakeholder-Commitment und ausreichend Kapazität besteht die Gefahr, dass das Projekt ins Stocken gerät oder nie richtig startet.

Kontinuierliche Pflege und Wartung

Das will zwar niemand hören, aber: Ein Design System ist nie fertig. Neue Technologien, Markenentwicklungen oder UX-Erkenntnisse führen zu laufendem Anpassungsbedarf. Komponenten müssen aktualisiert, Tokens überarbeitet und Dokumentationen ergänzt werden. Wer kein tragfähiges Betriebsmodell definiert, riskiert, dass das System veraltet oder an Relevanz verliert – und so das initiale Investment nicht rechtfertigen kann.

Change Management & interne Akzeptanz

Ein neues Design System verändert Arbeitsweisen…

…und das sorgt nicht immer für Begeisterung. Manche Teams empfinden Design Systeme als Einschränkung, andere als zusätzliche Hürde im routinierten Arbeitsalltag. Wichtig ist daher: frühzeitig einbinden, transparent kommunizieren, Feedback ernstnehmen und zeigen, welchen Mehrwert das System bietet. Ohne Akzeptanz bleibt selbst das beste System wirkungslos.

Gefahr der Überkomplexität

Design Systeme können sich mit immer mehr Komponenten, Varianten, Tokens und Sonderfällen “verselbstständigen”. Was als Erleichterung gedacht war, wird plötzlich zum bürokratischen Monstrum. Umso wichtiger ist es, regelmäßig zu evaluieren: 

Was wird wirklich genutzt? 

Was kann vereinfacht, archiviert oder gestrichen werden? 

Ein gutes System ist nicht möglichst umfangreich – sondern möglichst relevant.

Entscheidungshilfe: Braucht mein Unternehmen ein Design System?

Nicht jede Organisation braucht sofort ein vollausgebautes Design System. Der tatsächliche Nutzen hängt stark von Struktur, Reifegrad und strategischer Zielsetzung ab. In diesem Kapitel helfen wir Ihnen, diese Entscheidung fundiert zu treffen – mit konkreten Faktoren, sinnvollen Alternativen und einer klaren Einschätzungshilfe.

Sie wollen Ihren Fall persönlich besprechen? Gerne tauschen wir uns in einem kostenlosen Beratungsgespräch mit Ihnen dazu aus, ob ein Design System für Ihr Produkt eine Unterstützung sein könnte.

Jetzt Termin buchen

Entscheidungsfaktoren (Teamgröße, Produktvielfalt, Skalierungspläne)

Ein Design System entfaltet seinen vollen Nutzen dort, wo Skalierung zum Thema wird: Mehrere Teams arbeiten an mehreren Produkten, auf verschiedenen Plattformen und mit wiederkehrenden Anforderungen. Auch eine wachsende Organisation, die neue Kolleg*innen effizient onboarden möchte, profitiert stark von klaren Standards.

Typische Indikatoren für ein Design System:

  • Mehr als ein Produkt oder Plattform im digitalen Portfolio
  • Geplante oder absehbare Skalierun
  • Mehrere Designer*innen oder Frontend-Teams
  • Hoher Abstimmungsaufwand zwischen Design und Entwicklung
  • Hohe Wiederverwendung von UI-Elementen
  • Strategisches Ziel, die digitale Markenführung zu vereinheitlichen

Alternativen bei kleinen Projekten

Für kleine Teams oder klar abgegrenzte Projekte lohnt sich ein vollwertiges Design System nicht immer. Hier können leichtere Alternativen helfen: Ein gut gepflegtes UI Kit in Figma, eine zentrale Style-Doku in Notion oder ein einfaches Komponentenverzeichnis im Code.

Wichtig ist, auch hier nicht den Aufwand zu unterschätzen: Denn selbst kleinere Systeme müssen gepflegt werden. Aber: Wer klein anfängt, kann strukturiert wachsen – und bei Bedarf in ein skalierbares System überführen.

Design System erfolgreich einführen

Ein Design System lebt maßgeblich von seinem Einführungsprozess, denn nur ein strukturiertes Setup erreicht nachhaltige Wirkung. Wir zeigen Ihnen einen realistischen Rahmen, der Orientierung bietet, ohne dabei Ihren Alltag zu überfrachten.

Schritt-für-Schritt: Von Audit bis Betrieb

Der Weg zu einem funktionierenden Design System ist eher ein gut geplanter Etappenlauf als ein Sprint. Wer systematisch vorgeht, erhöht die Erfolgschancen – und verhindert, dass das System zu einem halbfertigen Nebenprojekt verkommt. Diese vier Phasen haben sich in der Praxis bewährt.

Audit & Inventur

Bevor etwas Neues entsteht, sollte Klarheit über den Status Quo herrschen. In dieser Phase analysieren Sie, welche UI-Elemente, Styles, Komponenten und Inhalte bereits in Figma, im Code oder in Dokumentationen existieren. Ziel ist es, Inkonsistenzen sichtbar zu machen, Redundanzen zu erkennen und eine gemeinsame Ausgangsbasis zu schaffen.

MVP definieren

Ein Design System muss nicht von Anfang an alles können. Im Gegenteil: Der erste Release sollte bewusst fokussiert sein.

Welche Komponenten und Tokens bringen den größten Nutzen? 

Was wird am häufigsten gebraucht? 

Was soll mit der ersten Version erreicht werden? 

Ein MVP gibt nicht nur den Rahmen vor, sondern ist auch ein motivierendes Etappenziel auf dem Weg zum voll ausgebauten Design System.

Interne Rollout-Strategie

Der Erfolg hängt nicht nur vom Inhalt ab, sondern auch von der Verbreitung. 

Wer wird das System nutzen? 

Wie erfahren diese Personen davon? 

Wie binden Sie erste Pilot-Teams ein? 

Eine gute Rollout-Strategie setzt auf Kommunikation, Training, Enablement und Feedbackschleifen – individuell angepasst an die Bedürfnisse und Kenntnisse der Menschen, die mit dem System arbeiten sollen..

Wartung & Weiterentwicklung

Ein Design System aufzusetzen ist nur der Anfang – seine wahre Wirkung entfaltet es erst durch konsequente Pflege und strategische Weiterentwicklung.

Wartung heißt: Bestehende Komponenten aktuell halten, Bugs beheben, veraltete Patterns entfernen und die Dokumentation synchron mit der Codebasis pflegen. Besonders kritisch ist dabei die Pflege von Design Tokens und States, denn hier können kleine Änderungen große Auswirkungen auf die Produktqualität haben.

Weiterentwicklung heißt: Neues integrieren – etwa weil neue Komponenten gebraucht werden, zusätzliche Plattformen hinzukommen oder ein visuelles Redesign stattfindet. Dazu braucht es klare Prozesse für Feedback, Priorisierung und Release-Zyklen.

Best Practices für den Betrieb:

  • Pflege-Roadmap: Legen Sie einen regelmäßigen Wartungszyklus fest – monatlich, quartalsweise oder synchron mit Produktreleases.

  • Offene Feedback-Kanäle: Schaffen Sie Möglichkeiten für Teams, Verbesserungsvorschläge einzubringen (z. B. über Slack-Channels, Formulare oder Community Calls).

  • Review-Gates und Design QA: Neue Komponenten sollten definierten Qualitätsstandards folgen und durch ein Review-Team oder System Board freigegeben werden.

  • Archivierungs-Strategie: Halten Sie das System schlank. Komponenten, die nicht mehr genutzt werden, sollten als deprecated gekennzeichnet oder archiviert werden – transparent und dokumentiert.

Stakeholder Buy-In und Kommunikation

Ein Design System kann nur dann erfolgreich sein, wenn es intern verstanden, akzeptiert und unterstützt wird – gerade von denjenigen, die über Budgets, Ressourcen und strategische Prioritäten entscheiden. Der Stakeholder Buy-In ist deshalb kein Nice-to-have, sondern eine zentrale Voraussetzung.

Warum das wichtig ist?


Ohne Rückhalt auf Entscheiderebene wird das System oft als rein operative Maßnahme wahrgenommen – ein „Designprojekt“, das im Zweifel gegen andere Initiativen verliert. Ein klarer Buy-In schafft hingegen Sichtbarkeit, Priorität und Handlungsspielraum.

Was hilft dabei?

  • Business Value klar machen: Argumentieren Sie nicht (nur) mit ästhetischen Vorteilen. Zeigen Sie, wie das Design System Kosten senkt, Qualität erhöht, Time-to-Market verkürzt und Silos aufbricht.

  • Frühzeitig einbinden: Holen Sie Stakeholder früh ins Boot – idealerweise schon im Audit oder MVP-Stadium. Beteiligung schafft Identifikation.

  • Erfolge sichtbar machen: Kommunizieren Sie Quick Wins, Pilot-Ergebnisse und Einsparpotenziale regelmäßig und verständlich. Reporting ist kein Overhead, sondern Teil der Systemstrategie.

  • Zuhören und abstimmen: Ein Design System verändert Prozesse. Zeigen Sie Verständnis für Bedenken, bieten Sie Schulungen an und schaffen Sie Räume für Feedback.

Ein erfolgreicher Buy-In ist kein Pitch, sondern ein Prozess – und am Ende der Grundstein für nachhaltigen Erfolg.

Schulung & Enablement

Ein Design System ist nur dann erfolgreich, wenn es verstanden und angewendet wird. Schulung und Enablement sind daher essenziell – nicht nur bei der Einführung, sondern auch im laufenden Betrieb.

Enablement kann dabei in allerlei Formaten erreicht werden: Schulungen, Workshops oder sogar 1:1- oder Kleingruppenmeetings, in denen Designer*innen, Entwickler*innen, PMs oder Content-Verantwortliche lernen, wie sie effektiv mit dem System arbeiten können. 

Besonders hilfreich sind Hands-on-Sessions, in denen reale Herausforderungen direkt mit Systemlösungen bearbeitet werden. Solche Learnings können über Tools wie Loom oder Notion direkt für asynchrone Unterstützung oder als Walkthroughs für neue Kolleg*innen dokumentiert werden.

Erfolgsmessung und KPIs

Die Erfolgsmessung für ein Design System hängt individuell von dem Produkt ab, für das es entwickelt wird. Unabhängig davon haben wir eine Liste an Beispielen für häufig verwendete Indikatoren  zusammengestellt.:

  • Nutzung und Adoption: Wie viele Teams oder Produkte arbeiten aktiv mit dem System? Welche Komponenten oder Tokens werden wie häufig verwendet?
  • Zufriedenheit im Team: Wie bewerten Nutzer*innen des Systems (Design, Dev, PM) dessen Nutzen, Verständlichkeit und Unterstützung im Alltag?
  • Effizienzgewinne: Wie viel Zeit wurde durch Wiederverwendung eingespart? Wie schnell können neue Features oder Prototypen realisiert werden?
  • Konsistenz und Qualität: Wie einheitlich sind UI-Patterns in den Live-Produkten? Gibt es weniger UI-Bugs oder aus Kompromissen entstehende Design-Schulden?
  • Support-Reduktion: Werden weniger Rückfragen an das Designteam gestellt? Gibt es weniger Abstimmungsaufwand zwischen Design und Entwicklung?


Neben quantitativen KPIs ist auch qualitatives Feedback wertvoll – etwa durch regelmäßige Surveys, Retros oder Feedbackrunden. Entscheidend ist, dass die Erfolgsmessung nicht nur retrospektiv, sondern auch strategisch genutzt wird: Um den Systembetrieb zu verbessern, Prioritäten richtig zu setzen und den Wert des Systems gegenüber Stakeholdern zu kommunizieren.

Fazit: Design Systeme als strategisches Werkzeug

Design Systeme sind strategische Werkzeuge zur Skalierung digitaler Produktentwicklung. Sie schaffen eine gemeinsame Sprache zwischen Design und Entwicklung, erhöhen Konsistenz, verbessern die User Experience und ermöglichen effizientere Zusammenarbeit. Ihr Wert zeigt sich besonders in wachsenden Organisationen mit komplexen Produktlandschaften, in denen Geschwindigkeit, Qualität und Markenführung gleichermaßen entscheidend sind.

Empfehlungen für den Start

  • Sichern Sie Stakeholder-Support: Kommunizieren Sie Nutzen und Vision frühzeitig und regelmäßig.
  • Starten Sie klein, aber systematisch: Fangen Sie mit den meistgenutzten Komponenten und klaren Prinzipien an. Qualität vor Quantität.
  • Bauen Sie ein interdisziplinäres Kernteam: Design, Dev, Content, Accessibility – alle Perspektiven gehören an den Tisch.
  • Investieren Sie in Dokumentation und Enablement: Ein gutes System wird nicht nur gebaut, sondern vermittelt.
  • Planen Sie für Pflege und Skalierung: Governance, Versionierung und Feedbackprozesse sind kein Nice-to-have, sondern Grundlage für nachhaltigen Erfolg.

Ein Design System ist kein Projekt mit Enddatum, sondern eine Infrastruktur-Initiative mit strategischer Bedeutung. Wer es richtig aufsetzt und langfristig betreibt, gewinnt nicht nur Effizienz – sondern eine Plattform für bessere digitale Produkte.

Fallstudie

Globale Bildung mit dem Design für DAAD's My GUIDE Plattform

Wie wir eine intuitive Plattform geschaffen haben, die internationalen Studenten hilft, sich in deutschen Studiengängen zurechtzufinden.

Mehr lesen

Blogbeiträge

Mehr lesen über UX & Barrierefreiheit

Der ultimative Guide zu Design Sprints

Stärkung der Barrierefreiheit: Das BSFG tritt 2025 in Kraft

12 Disziplinen unter dem Oberbegriff UX

Der ultimative Design System Guide

Der ultimative Guide zu Design Sprints

Stärkung der Barrierefreiheit: Das BSFG tritt 2025 in Kraft

Mehr Beiträge sehen